Wir wollen keine rückwärtsgewandte Verkehrspolitik

Der Regierungsrat hat letzte Woche kommuniziert, dass er die «Mobilitätsinitiative» von SVP und FDP unterstützt und dass er einen Gegenvorschlag zur «ÖV-Initiative» verabschiedet.
Damit fällt der Regierungsrat den Städten in den Rücken mit dem Ziel, eine zeitgemässe und stadtverträgliche Verkehrsplanung zu verhindern. Temporeduktionen auf Hauptverkehrsachsen sollen nur noch in absoluten Ausnahmefällen möglich sein. Ins selbe Horn bläst das nationale Parlament mit der Überweisung der Motion Schillinger.

Wenn die Bürgerlichen damit argumentieren, Tempo 30 schade der Attraktivität des öffentlichen Verkehrs und Blaulichtorganisationen kämen zu spät zum Einsatzort, ist das heuchlerisch und fadenscheinig. Busse und Rettungsfahrzeuge verlieren vor allem dann Zeit, wenn sie im Stau steckenbleiben.

 

Um den öffentlichen Verkehr zu priorisieren, gibt es geeignete Massnahmen wie Fahrbahnhaltestellen und angepasste Lichtsignalsteuerungen an Kreuzungen. Genau hier gehen aber die Bürgerlichen regelmässig auf die Barrikaden, weil sie finden, diese Massnahmen seien autofeindlich.

Und das Problem der Blaulichtorganisationen liesse sich lösen mit einer Anpassung des sogenannten Raserartikels im Strassengesetz. Hier bräuchte es lediglich den politischen Willen dazu.

 

Temporeduktionen sind in der städtischen Mobilität unumgänglich. Tempo 30 ist der effektivste und kostengünstigste Hebel, um die Bevölkerung vor Strassenlärm zu schützen und damit eine attraktive Innenverdichtung in den Zentren zu ermöglichen. Ausserdem ist es erwiesen, dass ein reduziertes Tempe die Verkehrssicherheit deutlich erhöht, dass sich der Verkehrsfluss verbessert und dass ein gleichberechtigteres Nebeneinander aller auf der Strasse möglich wird.

Ein Recht auf Lebensqualität, sichere Verkehrswege und Schutz vor Lärm haben alle Menschen, auch diejenigen, die an Hauptverkehrsachsen wohnen und leben.

 

In der Vergangenheit wurden Strassen vorwiegend für Autos gebaut und war die Verkehrsplanung auf den motorisierten Individualverkehr ausgerichtet. Fussgänger:innen und Velos hatten sich unterzuordnen. Eine zeitgemässe Verkehrsplanung geht von einem Nebeneinander auf Augenhöhe aus, was es attraktiver macht, aufs Velo oder den Bus umzusteigen oder zu Fuss unterwegs zu sein. Und je attraktiver es ist, flächeneffiziente Verkehrsmittel zu nutzen, umso mehr entlasten wir die Strassen, werten wir den öffentlichen Raum auf und verbessern wir die Lebensqualität in den Zentren.

 

Viele europäische Städte sind diesbezüglich schon viel weiter. Barcelona, Amsterdam, Stockholm, Kopenhagen und weitere Städte zeigen: Tempo 30 funktioniert, der Lärm wird reduziert, Unfälle nehmen ab und der öffentliche Raum wird aufgewertet.

Diese Entwicklung zu blockieren, ist rückwärtsgewandt und reine Zwängerei. Dagegen müssen wir uns mit aller Vehemenz wehren.